Eltern am Smartphone

Die Mediennutzung von Eltern kann sich negativ auf die Bindung zu ihrem Kind auswirken. Durch emotionale Abwesenheit leiden die Aufmerksamkeit und die Kommunikation. Die Wissenschaft erfindet mit "Technoferenz" ein eigenes Wort für Unterbrechung von Kommunikation durch technische Geräte. Für Kinder kann das besondere Folgen haben.

Hat Folgen auf Kommunikation und Bindung

Digitale Medien sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Besonders das Smartphone, das 2007 auf den Markt kam, veränderte die Mediennutzung vieler Menschen deutlich. Smartphones sind allgegenwärtig. Sie liegen auf Tischen herum, schauen aus Hosentaschen und werden im Gehen ebenso genutzt wie in öffentlichen Verkehrsmitteln und am Esstisch zuhause.

Für Familien bedeutet dieser allgemein vermehrte Konsum des Smartphones eine große Herausforderung. Es weckt die Neugierde von Kindern, was Erwachsene mit diesem Gerät machen. Daher ist es wichtig, einen verantwortungsvollen Umgang damit vorzuleben.

Technoferenz: Interaktion durch Technik beeinflusst

Wissenschaftler*innen sprechen bereits von „Technoferenz“. Damit sind Störungen und Unterbrechungen der sozialen Interaktion durch die Nutzung von Mobiltelefonen gemeint. Mit anderen Worten:

In vielen sozialen Situationen findet einer Überlagerung (Interferenz) der zwischenmenschlichen Interaktion durch Technik statt. Man spricht miteinander und sieht zwischendurch aufs Handy. Man macht etwas miteinander und postet rasch ein Foto von der Situation.

Fast die Hälfte der Eltern ist vom Smartphone abgelenkt

Eine Befragung des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research erforschte 13- bis 17-jährige Jugendliche zu ihrem Verhalten am Smartphone. Befragt wurden sie auch zum Nutzungsverhalten ihrer Eltern.

Fast die Hälfte der Teenager (46 Prozent) gab an, ihre Eltern seien zumindest manchmal vom Smartphone abgelenkt, wenn sie mit ihnen zu sprechen versuchen. Davon sagten acht Prozent, ihre Eltern seien in Kommunikationssituationen mit ihren Kindern “häufig” vom Smartphone abgelenkt, 38 gaben „manchmal“ an.

Was ihre eigene Ablenkung durch das Smartphone betrifft, zeichnen die befragten Eltern ein rosigeres Bild: Nur 31 Prozent sagen, sie seien in der Kommunikation mit ihren Kindern zumindest manchmal von ihrem eigenen Smartphone abgelenkt, davon vier Prozent „häufig“ und „27 Prozent „manchmal“. 47 Prozent der Eltern sagen jedoch über sich selbst, „zu viel Zeit am Smartphone“ zu verbringen.

Kinder brauchen auch ungeteilte Aufmerksamkeit

Wenn Eltern die Interaktion mit ihrem Kind häufig durch Nutzung des Smartphones unterbrechen, kann dies negative Folgen haben. Studien zeigen: Erwachsene sind unaufmerksam gegenüber ihrem Baby, wenn sie nebenbei das Handy nutzen. Ihre Fähigkeit, kindgerecht zu interagieren sinkt mit der Intensität ihrer Handynutzung.

Kinder brauchen jedoch ausreichend Phasen ungeteilter Aufmerksamkeit, um eine sichere Bindung zu ihren Bezugspersonen entwickeln zu können.

Mediennutzung der Eltern

Wie Eltern mit dem Smartphone und mit digitalen Medien generell umgehen, ist daher nicht nur Vorbild für ihr Kind, sondern kann auch die Bindung zu ihm beeinflussen.

Ein pädagogischer Fachartikel widmet sich diesem Thema. Die Autorin verweist auf Bindungstheorien: Das Kind erfährt mit seinen Eltern die erste Beziehung. Dies ist die Basis für andere Beziehungen, für das Erleben der Welt. So ist es wichtig, dass die Bezugsperson die Bedürfnisse des Kindes wahrnimmt und auf sie reagiert.

Dies geschieht auch durch altersgerechte Kommunikation. Werden in der Interaktion die Wünsche und Gefühle des Kindes entsprechend kommentiert, führt dies mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einer sicheren Entwicklung der Bindung.

Dazu zählt auch, dass die Bezugsperson das Kind verbal spiegelt. Eltern stellen sich in ihrer Kommunikation auf die Fähigkeiten des Säuglings ein und zeigen beispielsweise übertriebene Mimik, kurze Sätze oder lange Pausen am Satzende.

Sie spiegeln ihr Kind und seine Fähigkeiten und Bedürfnisse verbal. Sie lassen sich von kindlichen Signalen leiten, brabbeln, wenn das Kind brabbelt, öffnen den Mund, wenn das Kind den Mund öffnen soll, kommentieren Tätigkeiten, die sie mit dem Kind vollbringen.

Kommt es bereits in diesem frühen Stadium zu Störungen, kann das negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Bindung haben. Denn Sensibilität für die kindlichen Bedürfnisse und feinfühlige Kommunikation sind in den ersten Lebensmonaten sehr wichtig für die psychische, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes.

Bindungsentwicklung durch Technologien gestört

Diese Fähigkeiten können durch den Gebrauch von digitaler Technik beeinträchtigt werden. Sieht der Vater aufs Handy, während er mit seinem Baby spricht, ist er nur halb bei der Sache. Postet die Mutter noch rasch ein Video, während sie mit dem Kind spricht, signalisiert das dem Kind: Das Handy ist mir im Moment wichtiger als du. Wird während der Interaktion mit dem Kind alles fotografiert, ist die Bezugsperson nicht wirklich mit allen Sinnen beim Kind.

Die Eltern-Kind-Bindung kann dadurch gestört werden. Denn die Bezugsperson ist bei gleichzeitiger Mediennutzung zwar körperlich beim Kind, aber emotional abwesend. Das Kind hat dadurch keine ungeteilte Aufmerksamkeit, sondern teilt sie sich mit dem Smartphone. „Smartphones können die frühe Eltern-Kind-Interaktion stören“, urteilen dementsprechend Fachleute.

Emotional abwesende Eltern und „schwierige“ Kinder

Eine Studie deutet dabei auf eine wechselseitig Beeinflussung hin: Die höhere Techniknutzung der Eltern führt zu vermehrt „schwierigem“ Verhalten des Kindes, das sich emotional allein gelassen fühlt. Gleichzeitig sind Eltern gestresst durch das „schwierige“ Verhalten ihres Kindes und ziehen sich mithilfe der Technik aus der Eltern-Kind-Interaktion zurück.

Diese wechselseitige Beeinflussung von überdurchschnittlicher Smartphone-Nutzung, Stress der Eltern und Verhalten des Kindes wurde in einer weiteren Publikation bestätigt.

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