TikTok, Instagram, YouTube und Co haben im Leben vieler junger Menschen einen wichtigen Platz. Soziale Netzwerke sind inzwischen die populärsten Anwendungen im Internet. Sie werden also von allen möglichen Anwendungen am häufigsten genutzt. Andere Bezeichnungen für „soziale Netzwerke“ sind „soziale Medien“ und der englische Begriff „Social Media“.
Zwei wesentliche Aspekte unterschieden soziale Medien von anderen Anwendungen im Internet: erstens das Netzwerk, zweitens die Möglichkeit der Mitgestaltung.
Interaktiv und gestaltbar
Grundsätzliche Merkmale sozialer Medien sind dementsprechend, dass sie interaktiv und gestaltbar sind. Soziale Medien ermöglichen es, dass Nutzer*innen miteinander direkt in Kontakt treten. Sie sind darauf ausgerichtet, dass ein Mensch auf den anderen reagiert. So sind sie die interaktivste Anwendung des Internets.
Andererseits ermöglichen Sie nicht nur Kontakt und Konsum, sondern auch die eigene Gestaltung von Inhalten. Nutzer*innen können etwas fotografieren, filmen oder schreiben und dies auf ihrem Account posten. Das führt dazu, dass sie sich persönlich stark involviert fühlen.
Beides – sowohl das In-Kontakt-Treten als auch das eigene Gestalten – finden unabhängig von Ort und Zeit statt. Man kann es wann auch immer von wo auch immer tun. Auch diese Orts- und Zeit-Unabhängigkeit ist markant an sozialen Medien.
Selfie-Kultur
Aus der eigenen Gestaltbarkeit sozialer Medien entstanden sogar zwei neue Wörter: „Selfie“ und „Influencer“. Ein Foto von sich selbst in einem erwünschten Kontext nennt man „Selfie“. Es wird häufig mit der Intention gemacht, um es zu posten und so anderen Menschen zu zeigen, wo man gerade ist oder mit wem man sich getroffen hat. Ein Selfie ist ein bewusst konstruiertes Image von sich selbst.
„Influencer“ wiederum sind Menschen, die das Hochladen von Inhalten auf soziale Medien zu ihrem Beruf gemacht haben, also damit Geld verdienen. Sie werden von Unternehmen bezahlt, um bestimmte Kleidung zu tragen, bestimmte Gegenstände zu zeigen oder sich an bestimmten Orten aufzuhalten. So sollen sie das Konsumverhalten anderer Menschen beeinflussen. Diese Beeinflussung gelingt ihnen auch häufig.
Daten sammeln
Anbieter von sozialen Medien sind gewinnorientierte Unternehmen. Im Hintergrund geht es ihnen um das Sammeln und Verkaufen von Daten. Jede Nutzung wird von den Unternehmen registriert und ausgewertet. Die Daten werden an andere Unternehmen gekauft, damit diese auf sozialen Medien Werbung treiben können. Der Nutzer bzw. sein Verhalten wird so gewissermaßen zum Produkt, das weiterverkauft wird.
Es ist von den Unternehmen beabsichtigt, dass Nutzer*innen viel Zeit auf den Plattformen verbringen. Mehr Zeit auf sozialen Medien bedeutet, für Werbung mehr Geld verlangen zu können.
Zur Steigerung der Zeit auf sozialen Medien wenden die Unternehmen bestimmte Mechanismen an. Man nennt diese Mechanismen „Dark Pattern“ und „Digital Nudging“. Sie führen dazu, dass Menschen möglichst viele soziale Medien nutzen, möglichst lange auf den einzelnen Plattformen bleiben und dort möglichst viele Aktivitäten setzen.
Mechanismen machen es leicht, sich in sozialen Medien zu verlieren
Die von den Unternehmen eingesetzte Mechanismen führen dazu, dass Menschen viel Zeit mit sozialen Medien verbringen. Sie machen es leicht, sich in sozialen Medien zu verlieren und schwer, von ihnen loszukommen.
Verantwortlich dafür sind vor allem vier sogenannte „Dark Pattern“. Diese verborgenen Mechanismen tragen dazu bei, dass Menschen schwer mit dem Konsum sozialer Medien aufhören können. Sie gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Abhängigkeit von sozialen Medien.
Zu den „Dark Pattern“ zählt etwa, dass man mit sozialen Medien nie fertig ist, vielmehr gehen sie unendlich weiter. Auch eigene Belohnungssysteme werden von den Unternehmen als Anreiz eingesetzt.
Vermeintlich machen es alle
Die Mechanismen der „Dark Pattern“ und des „Digital Nudging“ manipulieren Menschen dazu, möglichst lange in sozialen Medien zu sein. Gleichzeitig gibt es in der Nutzung auch einen sozialen Faktor: Denn vermeintlich nutzen soziale Medien „alle“ Menschen. Man will dazugehören. Dadurch entsteht sozialer Druck, auch auf Instagram, Snapchat, TikTok und Co zu sein. Besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist im Zuge der Identitätsentwicklung der Wunsch nach Zugehörigkeit sehr groß.
Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch von „FOMO“. Dies ist die Abkürzung für „Fear of missing out“ und beschreibt die Angst, etwas zu verpassen und nicht mitreden zu können.
Sprechen zentrale Grundbedürfnisse an
Soziale Medien sprechen zentrale menschliche Grundbedürfnisse an. Zu ihnen zählen der Wunsch nach Bindung und sozialer Zugehörigkeit, die Sehnsucht nach Anerkennung und das Bestreben nach Lustgewinn, das sich auch im Vermeiden von Unlust äußern kann. All dies wird von sozialen Medien stark bedient.
Zentrale Grundbedürfnisse sind für alle Altersgruppen relevant und unabhängig von der jeweiligen Kultur. Besonders empfänglich sind dafür Jugendliche und junge Erwachsene, weil sie ihre Identität erst formen.
Mädchen sind gefährdeter als Buben
Laut WHO Europa hat mehr als jede*r zehnte Jugendliche (11 Prozent) ein „problematisches Verhalten“ mit sozialen Medien. Dies ist eine Vorstufe von Sucht. Problematisches Verhalten in sozialen Medien hatten Mädchen mit 13 Prozent deutlich häufiger als Buben mit 9 Prozent. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) berichtete „konstanten Online-Kontakt“ mit Freund*innen. Auch dabei lag die Rate bei Mädchen mit 44 Prozent am höchsten. Basis für diese Berechnung waren die HBSC-Studie aus dem Jahr 2022, für die knapp 280.000 Jugendlichen aus 44 Ländern im Alter von elf bis 15 Jahren befragt wurden.
Außer sozialen Medien zählen auch Computer-Spiele, Online-Glücksspiel, Online-Shopping und Online-Pornografie zu den Formen des Suchtverhaltens im Internet.
Mehr: